Verunsicherung durch die Diskussion über die notwendige Energiewende

Seit dem Beschluss zum Atomausstieg im Frühjahr 2011 und dem Bekenntnis zur Energiewende wird zunehmend von Regierungsseite und von Lobbyisten Stimmung gegen die Erneuerbaren Energien gemacht. Die aus unserer Sicht wesentlichen sechs Fehlinformationen zu dem wichtigen Thema wollen wir hiermit richtig stellen:


1. Behauptung gegen Erneuerbare Energien:
Der Umstieg auf Erneuerbare Energie ist nicht so schnell machbar und unbezahlbar.

Laut Berechnungen der EuTech GmbH kostet uns der Umbau der Energiewirtschaft bis 2050 ca. 200 Milliarden Euro. Allerdings werden wir schon bis zum Jahr 2030 bereits ca. 300 Milliarden Euro an Brennstoffkosten aus dem Ausland (Uran, Kohle, Gas, Öl) eingespart haben! Der Zeitplan ist zu schaffen, wenn er politisch gewollt und unterstützt wird. Zur Zeit beschweren sich selbst die Wirtschaftsverbände darüber, dass in der Regierung Konzeptionslosigkeit herrscht.


2. Behauptung gegen Erneuerbare Energien:
Der Ausstieg aus der Atomkraft wird zu Stromausfällen führen.

Um dies zu vermeiden müssen neue Kohlekraftwerke gebaut werden. (Hr. Rösler, Focus 29.5.12) Bereits in 2012 beträgt der Anteil der Erneuerbaren in Deutschland ca. 20 % an der Stromversorgung, 18 % kommen aus den Atomkraftwerken. In der ersten Jahreshälfte 2011 hat Deutschland trotz Abschaltung von 8 AKWs 17 % mehr Strom exportiert als importiert. Ca. 45% unseres Stroms kommt übrigens aus Kohlekraftwerken. Und an Pfingsten 2012 haben alle Photovoltaik-Anlagen (PV) in Deutschland tagsüber so viel Strom geliefert wie ca. 18 AKWs, also ca. 22.000 Megawatt. Zugegebenermaßen kann man sich auf die Sonne nicht immer verlassen. Deshalb ist der Strom-Mix von Sonne, Wind, Geothermie und Wasser so wichtig. Richtig ist, dass wir zur Überbrückung effiziente Gaskraftwerke benötigen, die bei Bedarf schnell angefahren werden können, was mit ineffizienten Kohlekraftwerken nicht möglich ist. Interessanterweise sieht das Umweltbundesamt nach einer Analyse des deutschen Kraftwerksparks auch keinen Bedarf für neue Kohlekraftwerke. Auch nach dem Atomausstieg sei das nicht notwendig, sagte Präsident Jochen Flasbarth der Deutschen Presse-Agentur in Berlin Anfang Juni 2012. «Die jetzt bereits im Bau befindlichen Anlagen reichen aus.» Laut Flasbarth seien auch Stromausfälle als Folge der Energiewende nicht zu erwarten.

3. Behauptung gegen Erneuerbare Energien:
Die Erneuerbaren Energien verteuern den Strompreis massiv und machen Strom für viele unbezahlbar.

Wettbewerb der Stromanbieter, aber auch dadurch, dass wir einfach Es ist richtig, dass wir den Umbau zu Erneuerbaren Energien nicht umsonst bekommen. Aktuell werden die Privathaushalte mit rund 3,6 Cents pro Kilowattstunde belastet. Die Industrie bezahlt nur 0,05 Cent/kWh und ist außerdem vom Netzentgelt befreit, was private Haushalte mit 0,15 Cent/kWh zusätzlich belastet. Das bedeutet, dass die privaten Haushalte für die Industrie mit bezahlen. Die Subventionen von Kohle- und Atomstrom (mehr als 200 Mrd. € seit 1950 allein für die Atomindustrie) wurden uns Kunden in der Stromrechnung nie direkt belastet, sondern über die Steuereinnahmen des Bundes getragen. Der Bund der Energieverbraucher und auch Politiker wie z.B. Ministerpräsident Kretschmann erwarten langfristig sogar sinkende Strompreise, schon allein durch den stärkeren weniger Energierohstoffe im Ausland kaufen müssen. Wir machen uns also unabhängig von teils sehr instabilen Lieferanten.

 

4. Behauptung gegen Erneuerbare Energien: Es werden ca. 3800 km neue Stromtrassen benötigt, um den Strom von den Offshore Windkraftwerken in der Nordsee in den Süden zu transportieren (Die Zeit online. 05/12 / DENA)

Für den Ausbau des Stromnetzes (neue Nord-Süd-Trassen plus Netzausbau) werden von den Netzbetreibern binnen der nächsten 10 Jahre Kosten von bis zu 59 Mrd. veranschlagt. (taz online, 30.05.2012) Das führt zu einer Steigerung der Stromkosten um ca. 1,5 Cent/kWh für uns Verbraucher. Der Bau von Offshore Windkraftwerken in der Nord- und Ostsee und der dadurch erforderliche Ausbau des Nord/Süd-Stromnetzes ist allerdings nicht „alternativlos“. Es ist durchaus möglich, auch in Süddeutschland Windkraftparks zu betreiben. Viele Gemeinden haben das schon erkannt und mit wirtschaftlichem Erfolg umgesetzt. Der Vorteil liegt auf der Hand. Die Transportwege sind kürzer und es kann auf einen Teil der Stromtrassen verzichtet werden. Zudem wird die Stromerzeugung dezentralisiert. Strom wird dort erzeugt, wo er auch benötigt wird. Vieles, was also von den Energiekonzernen behauptet wird, sollte man besser nochmals prüfen.

 

5. Behauptung gegen Erneuerbare Energien:
Für Erneuerbare Energien werden Speicher benötigt, die noch nicht vorhanden sind und für die es noch keine Technik gibt.

Es gibt viele Ansätze, zum Beispiel Pumpspeicherkraftwerke oder leistungsstarke Batterien direkt für PV-Anlagen. Bereits in Erprobung sind Wasserstoff-Kraftwerke, die mit überschüssigem Wind-/Solarstrom Wasserstoff produzieren. Der Wasserstoff kann in unser Erdgasnetz eingespeist werden. Die Infrastruktur unseres Gasnetzes mit riesigen Speichervolumen existiert bereits und wird nur zu einem ganz kleinen Teil genutzt. Der Wirkungsgrad von „nur“ ca. 60% bei der Umwandlung in Wasserstoff und zurück ist dabei nicht so entscheidend, da die dazu verwendete Energie andernfalls komplett verloren wäre (Abschaltung wegen Überlastung der Stromnetze). So wird Wasserstoff produziert, der dann wieder in Strom/Wärme/Kälte, etc. umgewandelt werden kann. (siehe auch unter: www.greenpeace-energy.de/windgas). Im Vergleich: Kohle- und Atomkraftwerke haben einen Wirkungsgrad von nur ca. 40 %.

 

6. Behauptung gegen Erneuerbare Energien:
Die Vorreiterfunktion bei der Erneuerbaren Energie schadet dem Standort Deutschland.

Mittelfristig kommen wir gar nicht drumherum, uns mit Erneuerbaren Energien zu versorgen. Ökologisch gesehen müssen wir den CO2-Ausstoß reduzieren. Und ökonomisch brauchen wir einen vollwertigen Ersatz für die fossilen Energiequellen, die die nächsten Jahrzehnte immer knapper und damit teurer werden. Auch anderen Ländern in Europa, Amerika oder Asien bleibt mittelfristig nichts anderes übrig als umzusteigen. Nur ist der Kampf gegen die Energielobby (siehe Frankreich) leider ein sehr langer Kampf. Dazu braucht es unabhängige und mutige Politiker, die erkennen, was auf dem Spiel steht.


Unsere Behauptung: Wenn die Energie auch noch in 20 Jahren bezahlbar UND ausreichend verfügbar sein soll, MÜSSEN wir JETZT handeln!