Neue Studie zu Genmais

Beweis für Gefahr durch Gen-Mais oder wissenschaftlich unzulänglich?

Im September erschien eine neue Studie (1) zu möglichen Gesundheitschäden durch Gen-Mais, die, wie zu erwarten war, umgehenden in die Kritik geriet, schließlich sieht eine milliardenschwere Industrie dadurch ihre Gewinne bedroht. Im Folgenden wollen wir kurz erläutern, was die Studie untersucht hat, und ob die Kritik gerechtfertigt ist.

Zwei Jahre lang haben franzözische Forscher unter der Leitung von Gilles-Eric Seralini, Professor an der Universität Caen und Mitglied des CRIIGEN (Committee for Independent Research and Information on Genetic Engineering) Ratten mit dem Gen-Mais NK603 von Monsanto gefüttert, der gegen das Herbizid Glyphosat tolerant ist, das unter dem Markenname "Roundup" als Gemisch mit Zusatzstoffen von Monsanto vertrieben wird. 200 Tiere wurden in Gruppen eingeteilt, die als Futterzutat (11, 22 bzw. 33 %) entweder Gen-Mais NK603 erhielten, der beim Anbau wie üblich mit Roundup behandelt worden war, oder NK603 der nicht mit Roundup behandelt worden war. Weitere Gruppen erhielten normalen Mais im Futter, aber Roundup im Trinkwasser. Eine Kontrollgruppe erhielt nur normalen Mais im Futter (33%).

Die Ergebnisse sind sehr beunruhigend: die Testgruppen entwickelten 2-3 mal mehr Tumore als die Kontrollgruppe, und die Tumore traten auch früher auf. Bei den Weibchen waren Abnormalitäten an der Hirnanhangdrüse im Schnitt doppelt so häufig wie bei der Kontrollgruppe, bei den Männchen traten Veränderungen an der Leber 2,5-5 mal so häufig auf.
Oberflächliche Kritik
Die Studie war relativ breit in den Medien aufgegriffen worden, und umgehend gab es heftige Kritik daran, die meist jedoch leider unreflektiert übernommen wurde und häufig von Personen oder Institutionen stammte, die finanziell mit der Gentechnik-Industrie verbunden sind. Den Forschern wurde ein inadequates Studiendesign und unzureichende wissenschaftliche Qualität vorgeworfen, u.a. durch die Europäische Lebensmittelsicherheits-Behörde (EFSA) und das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Insbesondere die EFSA steht aber seit langem massiv in der Kritik für ihre Interessenkonflikte mit der Industrie. Es ist ein zuehmendes Problem, dass Wissenschaft immer mehr von Konzernseite aus beeinflusst wird und unabhängige Geldmittel für die Forschung fehlen. Es gibt zahlreiche belegte Fälle der letzten Jahre, in denen Wissenschaftler diskreditiert, entlassen oder gar bedroht wurden, weil ihre Ergebnisse unbequem waren. Wir empfehlen hierzu auch diesen interessanten Artikel (englisch) auf independent science news.

Ein Hauptkritikpunkt war, dass die verwendete Rattenlinie sowieso mehr zur Tumorbildung neigt, als normale Ratten. Diese Kritik ist insofern unberechtigt, als dass vor allem entscheidend ist, dass Kontroll- und Testgruppen derselben Linie entstammen, was der Fall war. Außerdem ist die Verwendung dieser Rattenlinie (Sprague-Dawley) im Labor üblich und war insofern sogar logisch, da diese Linie auch von der Industrie selbst bei Fütterungsversuchen verwendet wird. Um die Studie mit industrieeigenen Studien besser vergleichen zu können, war deren Verwendung also nur folgerichtig.

Ein weiterer Kritikpunkt war, die Kontrollgruppe sei zu klein gewesen. Tatsächlich bestand die Kontrollgruppe ebenso wie jede der Testgruppen aus je zehn Tieren beider Geschlechter. Zweifelsohne würde eine höhere Zahl an Tieren statistisch verlässlichere Ergebnisse liefern. Das macht die Studie aber nicht per se wertlos oder die Ergebnisse falsch. Vielmehr gibt sie, wie von den Autoren vorgeschlagen, Anlass dazu, Gen-Pflanzen und Pestizide in Zukunft genauer unter die Lupe zu nehmen und mehr Langzeitstudien durchzuführen. Es ist eine unglaubliche Heuchelei der EFSA, wenn sie die Studie - eine der umfrangreichsten und längsten Fütterungsstudien mit herbizidtolerantem Mais überhaupt - als nicht ausreichend erklärt, um Anlass für eine neue Sicherheitsbewertung des NK603 zu sein, gleichzeitig aber ihre eigenen Kritierien für die Sicherheitsbewertung ungleich lascher sind. Die Leitlinien der EFSA empfehlen zwar eine 90-Tage Fütterungsstudie, die ist jedoch nicht verpflichtend, wird wenn, von der Industrie selbst durchgeführt und außerdem sind 90 Tage viel zu kurz, um längerfristige Auswirkungen zu untersuchen.

Nicht zuletzt ist die Studie in einer renomierten Fachzeitschrift (Food and Chemical Toxicology) erschienen, und hat den dafür üblichen, sog. "peer-review" durchlaufen, d.h. sie wurde zuvor von anderen Wissenschaftlern durchgesehen, die fachlich zu einer Beurteilung in der Lage sind und von diesen für publikationsfähig befunden. Alle wissenschaftlich üblichen Standards (Tierhaltung, Futtermischung, Dokumentation, etc.) wurden eingehalten.
Fazit: Vorsorgeprinzip anwenden, unabhängige Forschung ausbauen
Die Kritik an der Studie bleibt weitgehend oberflächlich und pauschal. Natürlich ist diese Studie kein abschließender allgemeiner Beweis für die Gesundheitsgefahr von Gen-Pflanzen. Das habe die Autoren aber auch keineswegs behauptet. Letztlich muss jede Gen-Pflanzen-Linie einzeln bewertet werden, allerdings sollten die Ergebnisse insbesondere für Gen-Pflanzen mit der selben Veränderung (Glyphosattoleranz) zu denken geben. Auch wenn, wie bei jeder Studie, ein umfassenderes Studiendesign möglich wäre, sind die meisten Kritikpunkte so nicht berechtigt. Die Studie ist ein weiteres Mosaiksteinchen in den sich häufenden Hinweisen, dass Gen-Pflanzen gesundheitliche Risiken bergen. Hier sollte man rigoros das Vorsorgeprinzip anwenden, und eine Verwendung in Lebens- und Futtermitteln bis auf weiteres nicht zulassen. Die Zulassungskritierien der EU sind vollkommen unzulänglich und müssen dringend verbessert werden.

Unberührt davon bleibt auch, dass Gen-Pflanzen in der Landwirtschaft überflüssig sind, weil sie mit einer Menge belegter Probleme für Umwelt und auch die Landwirtschaft selbst verbunden sind, und viel bessere Alternativen zur Verfügung stehen. Letzlich wird damit doch nur Symptombekämpfung betrieben, während die eigentlichen Probleme der industrialisierten Lanwirtschaft aber nicht angegangen werden.
 
(1) Séralini, G-E., E. Clair, R. Mesnage, S. Gress, N. Defarge, M. Malatesta, D. Hennequin, J. Spiroux de Vendômois. 2012. Long term toxicity of a Roundup herbicide and a Roundup-tolerant genetically modified maize. Food Chem. Toxicol.

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