EU-Parlament stützt gentechnik-freie Landwirtschaft

Wie sollen die Gentechnik-Anbauverbote in der EU künftig gehandhabt werden? Die Debatte um die konkrete Ausgestaltung des sogenannten "Opt-Out" schwelt seit Monaten. Dabei geht es darum, wie die einzelnen Mitgliedsstaaten in Zukunft Anbauverbote für Gen-Pflanzen erlassen können. Darüber begannen in Brüssel gestern die Verhandlungen. Am Vormittag legte das Parlament eine gemeinsame Position fest - und traf damit eine zukunftsweisende Entscheidung für gentechnikfreie Landwirtschaft.

Enthalten sind viele Verbesserungsvorschläge von Umweltschutz- und Landwirtschaftsverbänden. Der Entwurf der Minister vom Sommer war auf vehemente Kritik von gentech-kritischen Abgeordneten und NGOs gestoßen. Darin war beispielsweise vorgesehen, dass als erster Schritt ("Phase 1") die Regierung eines Landes bei den Gentec-Konzeren beantragen muss, ihr Land aus dem Zulassungsantrag herauszunehmen. Unsere Regierungen, die Umwelt und Bürger schützen sollen, hätten als Bittsteller bei den Agrarkonzeren vorstellig werden müssen. Vorgesehen war auch, dass ein Anbauverbot frühestens zwei Jahre nach Zulassung erlassen werden kann. Auch sollten die Anbauverbote nach EU-Binnenmarktrecht verankert werden – nach Ansicht von Experten rechtlich äußerst unsicher und leicht von der Industrie auszuhebeln. Außerdem dürften Verbote nicht mit Umweltrisiken begründet werden. Diese Risiken sind allerdings das Hauptargument gegen Gen-Pflanzen.

Nun gibt es eine Gegenposition zum konzernfreundlichen Kurs der EU-Kommission, dem auch der Ministerrat gefolgt war. Nach der EU-Kommission und dem EU-Umweltministerrat hat nun mit dem EU-Parlament die dritte an den Verhandlungen beteiligte Partei ihre Meinung zum Umgang mit Gen-Pflanzen kundgetan – und zwar erfreulich kritisch. Der Umweltausschuss des EU-Parlaments hat die gemeinsame Position mit 53 zu 11 Stimmen angenommen. Die kritischsten Punkte lehnt das Parlament ab. "Phase 1" wurde gestrichen, die Verbote sollen nach Umweltrecht verankert werden und Umweltrisiken als Begründung möglich sein.

Die Entwürfe von Kommssion und Rat, die einem Kniefall vor der Gentech-Lobby gleichkommen, sind durch den Vorschlag des Parlaments entscheidend verbessert worden. Die Debatten werden sich bis Dezember hinziehen. Im Januar sollen die Minister der Mitgliedstaaten und das Parlament dann den endgültigen Kompromiss beschließen. Doch auch wenn zu hoffen bleibt, dass am Ende ein starkes, rechtssicheres Instrument für nationale Anbauverbote kommt, darf nicht vergessen werden: das Zulassungsverfahren für Gen-Pflanzen in der EU ist nach wie vor absolut magelhaft, weil z. B. eine umfassende Risikobewertung fehlt. Bevor Gen-Pflanzen auf nationaler Ebene im Nachinein verboten werden, sollten sie erst gar nicht EU-weit zugelassen werden, wenn sie nicht ausreichend geprüft und für unbedenklich befunden worden sind.