Vom Büroalltag in das Waldcamp im Spessart

- Erfahrungsbericht von einer Greenpeace Aktivistin -

Nicht nur Regenwälder brauchen Schutz!
Immer schon haben mich Bäume, deren faszinierende Formen und gigantische Größen, beeindruckt. Daher wollte ich für einige Wochen beim Kartieren der Bäume im Regenwald von Costa Rica helfen. Als ich dann jedoch im Januar 2012 von Greenpeace eine Anfrage bekam, um als Freiwillige im Spessart Bäume zu kartieren, zögerte ich nicht lange. Nachdem ich eine Woche im Spessart verbracht habe, stellte ich fest: Ich muss nicht erst bis nach Mittelamerika reisen, denn nur eine Stunde von Frankfurt/Main entfernt befindet sich ein wahrscheinlich ebenso wunderschöner, urig alter Buchenwald, der genauso schützenswert wie der tropische Regenwald ist. Hier kartierten wir Buchen mit 135 cm Durchmesser und fanden eine Eiche die rund 1000 Jahren alt ist.

Warum hilft Greenpeace?
Greenpeace ist im Spessart tätig, da Bayern als einzige Landesregierung keine Informationen über den Bestand der öffentlichen Wälder heraus gibt. Somit hat Greenpeace es sich zur Aufgabe gemacht eigene Karten zu erstellen. Die Forderung ist ein Einschlagstopp für über 140-jährige Buchenbäume bis zehn Prozent der öffentlichen Wälder aus der forstlichen Nutzung genommen werden.

Ankunft im Waldcamp von Heigenbrücken
Am ersten Abend im Camp bekam unser Team, welches aus 2 Vermessungsteams und 3 Prospektorenteams mit je zwei Aktivisten bestand, ein Briefing von Gesche Jürgens, der Waldexpertin von Greenpeace. Sie erklärte uns anhand einer Präsentation die Arbeit und Ziele der Waldkampagne. Voss gab uns Einweisungen in die Regeln des Camplebens: Jeden Tag gab es zwei Leute die am Abend den Abwasch machen und weitere zwei Leute die den Boden wischen sollten. Es wurden Schlafsäcke vergeben und die Leute auf die Zelte verteilt. Wir gingen nur zum Schlafen in die Zelte, die restliche Zeit verbrachten wir im beheizten Gebäude hinter den Zelten.

Wie sah der Tagesablauf aus?
Wir standen um 6.30 Uhr auf. In der ersten Nacht schliefen wir bei -21 Grad im dicken Schlafsack. Gefroren habe ich, dank Bundeswehrschlafsack, Mütze und Socken, nicht. Die folgenden Nächte wurden täglich wärmer, sodass man sich schnell eingewöhnen konnte. Um 7 Uhr hat uns Yvonne ein schönes Frühstück in unserem Aufenthaltsraum serviert. Es gab selbstgebackene Brötchen, veganen Brotaufstrich, Käse, Wurst, Obst und Porridge.

Daraufhin fuhren wir in den Waldabschnitt, der für unsere Individualkartierung vorgesehen war. Im Wald angekommen wurden die am Vorabend geschmierten Brote und unsere Ausrüstung verteilt. Die Prospektorenteams gingen voraus und maßen mit Maßband und Kluppe den Brusthöhendurchmesser der alten Buchen und Eichen. Weiterhin wurden die Bäume auf ihre Biotopmerkmale, wie z. B. Bäume mit Höhlen oder Pilzbefall, mit Rindentaschen oder mit stark beschädigtem Stamm, untersucht. All diese Daten wurden auf gelbe Zettel geschrieben und diese an den Bäumen befestigt. Als nächstes kamen die Vermessungsteams, in welchem auch ich war. Wir nahmen diese Daten in einem GPS-Gerät auf.

Zum Mittag aßen wir unsere geschmierten Brote und tranken heißen Tee. Gestärkt arbeiteten wir weiter bis 17 Uhr und fuhren zum Camp zurück, wo bereits ein leckeres Abendessen im Warmen auf uns wartete.  Die Arbeit draußen im Wald war traumhaft schön, zumal die ganze Woche lang bis zu 20 cm hoher Schnee lag. An einigen Tagen war es so neblig, sodass man keine 50 Meter schauen konnte. Der Wald wirkte dann märchenhaft und mit all seinen alten knorrigen Eichen und Totbäumen mystisch und geheimnisvoll. An anderen Tagen schien die Sonne, der Schnee auf Boden und Ästen glitzerte wunderschön.

Überraschungen gab es am Abend
Am Sonntagabend bekamen wir ein Paket von der Greenpeace Zentrale in Hamburg. Eine Spenderin hatte, passend zur kalten Jahreszeit, 20 Paar dicke Wollsocken gestrickt. Wir freuten uns sehr darüber. m Montagabend folgte die nächste Überraschung: Michael Kunkel, Ortsvorsitzender der Ortsgruppe Heigenbrücken vom Bund Naturschutz in Bayern e. V. beeindruckte uns mit einer Fotoshow, in der er den Spessart in allen Jahreszeiten zeigte: von Moos überwuchertem Totholz, Bäume, so dick, wie sein Fahrrad lang ist sind nur einige davon. Unterbrochen wurde die Show von einem Heigenbrückener, der eine Kiste voller Muffins für uns gebacken hat.

Das Highlight der Woche war, nach vier duschfreien Tagen, der Schwimmbad- und Saunabesuch am Donnerstagabend in Aschaffenburg. Erholsamer konnte der Abend nicht sein. Am darauffolgenden Abend wurden wir vom Bürgermeister von Heigenbrücken, Werner Englert, zum Knödelessen eingeladen. Er hat für uns, zusammen mit seiner Familie, 1.200 Knödel gekocht. Mit gutem Essen und Kickerspielen haben wir den Abend ausklingen lassen.

Sonntag war Abreisetag. Alle waren traurig gestimmt, denn wir waren eine so tolle Gruppe und wir wussten, dass wir die gemeinsame Zeit im Spessart sehr vermissen werden. 

Auch heute, einige Tage später ertappe ich mich immer wieder dabei, wie ich gedankenlos die Bäume auf meinem Weg zur Arbeit begutachte und feststelle:
Und wieder ein Biotopbaum!